Ausschluss

Als dieses Foto gemacht wurde, war ich 18 Jahre alt. Zehn Jahre später, mit 28, war ich immer noch eine begeisterte Tangotänzerin, wie auch mit 38. Im November, zwei Tage vor der Abstimmung über das Referendum zum Covidgesetz, werde ich 48 Jahre alt, und noch immer begleitet mich der Tango. Er prägt die Art und Weise, wie ich die Welt sehe. Er ist Teil meines Wesens. Es ist neu für mich, ausgeschlossen zu sein.
 
Seit die Erweiterung der Zertifikatspflicht Mitte September unter Freudengeheul der Befürworter eingeführt wurde, darf ich meine eigenen Kurse nicht mehr besuchen. Innerhalb einer Woche habe ich vier Jobs verloren. Das war hart. Der Start meines geschlossenen neuen Kurses wurde mit hämischen Kommentaren begleitet.
 
Für viele geimpfte Tangotänzerinnen und Tangotänzer ist der Zustand der Normalität wieder eingekehrt. Es fällt ihnen nicht auf, dass Leute in den Milongas fehlen. Sie sind erstaunt, wenn ich ihnen erkläre, warum ich keine Veranstaltungen besuchen darf und empfehlen mir mit mitledigem Lächeln, mich impfen zu lassen. Um wieder dabei sein zu können. Das ist absurd.
 
Ich bin keine Tangokonsumentin, sondern eine Mitgestalterin der hiesigen Szene.
 
Tangotänzerin zu sein, ist für mich eine Haltung; eine aufnehmende, keine ausschliessende. Und eine wilde und freie, keine staatlich reglementierte. Genau in diesem Sinne werde ich den Tango weitertragen.

 

Oktober 2021